Schichtungen

Wie Luftaufnahmen von Ausgrabungsstätten, Landschaftsfragmente, wie Relikte vorzeitlicher Tiere – ziemlich groß und unausweichlich, von weißen Feldern begrenzt, kommen die Kartondrucke von Katrin König ins Gesichtsfeld des Betrachters.

Katrin König hat eine Art Heimat gefunden – auf Umwegen über Rom, Pompeji, Norwegen, nach dem Überqueren von Alpen, Apenninen und Nordsee. Eine Spurensuche, außen wie innen, daraus entstand etwas, das ich Archäo – Grafik nennen würde.

Die in Rom erfahrene Technik des Kartondruckes, die Spezifik des Materials, letztlich organischer Herkunft, die Arbeitsprozesse, in die sie sich hinein gekniet hat, sicher im Ursinn des Wortes auch – die dabei verwendeten Farben in Tönen von Erde, Moos, Flechten auf Stein – haben auch zu einer Annährung, zu einem Auffinden eigener Erfahrungsstrukturen, ihrer Art, sich abzulagern, einzudringen in andere Schichten der Existenz – geführt.

In diesen Prozessen ist das gelebte Leben, Gedachtes, Gefühltes, Vergessenes, Erinnertes, gespeichert, versickert, aufgehoben. Begegnungen mit den Mauer- und Erdschichten Roms, den begrünten Resten Ostias, dem eingesunkenen Pflaster der Via Appia, mit den Schrecken des gesteinigten und erstickten Pompeji, seiner inzwischen nostalgisch veredelten Patina, all diese Relikte haben offenbar, angekoppelt an Eigenes, Verschüttungen, Freilegungen, an den Umgang mit Gewesenem; einwärtsgewendete Optik, rückwärtsgewandte Selbst-versicherung.
Die aus den Kartons, den Verformungen und Bearbeitungen entstandenen farbtragenden Strukturen erinnern nun, im Druck, an freigelegte Orte, Siedlungen gewesener Menschen, Versteinertes, Ablagerungen gelebten Lebens, tierischen wie pflanzlichen Ursprungs.

Vermittelt wird dabei die Vorstellung, dass alles, aber auch ALLES Gewesene, Geschehene, Spuren hinterlässt – fassbar, berührbar, in Sedimenten, Niederschlägen, immateriell in Wellen und Strahlen. Ein solcher Erfahrungs-, Entdeckungsprozess kann zu einem Zuwachs an Verantwortungsbewusstsein, auch zu überscharfer Wahrnehmung führen.

Ch. Wolf, Schriftstellerin in einer, wie Pompeji, vergangenen DDR, schrieb – vor Zeiten: „Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen.“

Die Bilder von Katrin König sind einem intensiven Arbeits- und Selbstannährungsprozess entwachsen, sie überzeugen in ihrer ästhetischen und ideellen Dichte, wie auch in der Behauptungsintensität, in der diese Topographien des Inneren der Außenwelt mitgeteilt werden.

Prof. Annette Krisper-Beslic